Hinweis: Der folgende Text ist ein Gastbeitrag. Er gibt die persönliche Auffassung der Autorin beziehungsweise des Autors wieder. Der Beitrag ist keine Meinungsäußerung des Bundesministeriums für Gesundheit.

Gastbeitrag: Christof Lawall

In seinem Gastbeitrag befasst sich Christof Lawall, der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation e. V. (DEGEMED), mit der Rolle ambulanter und stationärer Rehabilitationseinrichtungen für Betroffene von Long COVID.

Veröffentlicht am 15.09.2023

Portraifoto Christof Lawall

Ambulante und stationäre Rehabilitationseinrichtungen behandeln bereits seit April 2020 Erkrankte nach einer COVID-19-Infektion. In den ersten Pandemiewellen waren es in erster Linie Patientinnen und Patienten im Anschluss an eine stationäre und oft intensivmedizinische Versorgung im Krankenhaus. Inzwischen leiden die meisten Rehabilitandinnen und Rehabilitanden aber vornehmlich an einem Post- oder Long-COVID-Syndrom.

Was leistet medizinische Reha bei Long COVID?

Reha-Einrichtungen erzielen bei der Therapie von Long-COVID-Patientinnen und -Patienten in der Regel eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustands. Medizinische Rehabilitation ist eine multiprofessionelle Komplexleistung. Sie kombiniert unterschiedliche medizinische und therapeutische Leistungen. Die Grundlage dafür ist ein individueller Behandlungsplan. Die Reha-Einrichtungen können damit die Auswahl, die Dauer und Dichte der Therapien an die konkreten Beschwerden und die Belastbarkeit der Patientinnen und Patienten anpassen (Pacing). Gerade bei der Vielgestaltigkeit der Symptome und Einschränkungen bei einer Long-COVID-Erkrankung ist das ein entscheidender Faktor.

Was brauchen die Patientinnen und Patienten mit Long COVID?

Die Fallidentifikation, die Feststellung des Leistungsbedarfs und der Zugang von Patientinnen und Patienten mit Long COVID zu Reha-Leistungen dauern heute noch viel zu lange. Einrichtungen berichten davon, dass zahlreiche Patientinnen und Patienten erst viele Monate nach Auftreten der ersten Symptome und einer Diagnose eine Reha beginnen. Patientinnen und Patienten benötigen daher schnelle und kompetente Hilfe in Fachambulanzen oder bei Haus- und Fachärztinnen und -ärzten. Bei sicherer Diagnose einer Long-COVID-Erkrankung sollte jede Patientin und jeder Patient regelhaft und unverzüglich ein Angebot einer medizinischen Rehabilitation erhalten. Das muss in der neuen Behandlungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) verankert werden.

Was brauchen Einrichtungen?

Das Long-COVID-Syndrom zeichnet sich in der Regel durch eine hohe Komplexität des Krankheitsbildes aus. Symptome können im Krankheitsverlauf ihre Intensität verändern, abklingen oder neu auftreten. Klassische indikationsspezifische Behandlungskonzepte sind hier nur eingeschränkt übertragbar. Das macht die medizinische Rehabilitation anspruchsvoller und deutlich aufwendiger als bei anderen Patientinnen und Patienten. Einrichtungen brauchen hier ausreichende Ressourcen und die nötige Flexibilität bei der Verweildauer. Um es klar auszusprechen: Die Vorgabe der Kostenträger für die Regelbehandlungsdauer ist mit drei Wochen zu kurz und sollte am besten ganz aufgehoben werden. Und die Vergütung ist für die bei allen Patientinnen und Patienten zwingende interdisziplinäre Behandlung zu niedrig. Hier müssen die Kostenträger den Einrichtungen leistungsgerechte Zuschläge zahlen.

Was noch?

Notwendig ist außerdem die kontinuierliche Fortbildung aller Ärztinnen und Ärzte sowie Therapeutinnen und Therapeuten. Sie müssen in die Lage versetzt werden, das komplexe Krankheitsbild Long COVID besser zu verstehen und Diagnostik, Behandlung und Therapie an den aktuellen Kenntnissen über diese neue Erkrankung auszurichten. Viele Rehabilitandinnen und Rehabilitanden profitieren außerdem von einer Nachsorge. Sie stabilisiert die Patientinnen und Patienten und trägt dazu bei, dass der Reha-Erfolg möglichst lange anhält. Spezielle Nachsorgeprogramme für Long-COVID-Patientinnen und -Patienten gibt es aber im Augenblick noch nicht. Daher sollten bestehende Programme entweder angepasst oder neue, spezifische entwickelt werden. Und schließlich: Wichtig ist die bessere Vernetzung der bestehenden Long-COVID-Ambulanzen mit den Reha-Einrichtungen. Hier sind der Austausch und das Wissen voneinander oft noch zu gering und gerade die Ambulanzen könnten von den Erfahrungen und Erkenntnissen der Reha-Einrichtungen profitieren.

Vita

Christof Lawall ist seit 2011 Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation e. V. (DEGEMED). Der Volljurist hat an der Universität Regensburg studiert und war nach seiner Ausbildung mehrere Jahre für die Deutsche Rentenversicherung Bund und den GKV-Spitzenverband tätig.

Die DEGEMED ist der Spitzenverband der medizinischen Rehabilitation. Sie setzt sich für die Interessen der stationären und ambulanten Rehabilitationseinrichtungen ein und ist offen für alle Betreibermodelle und Rechtsformen. Ihre Anliegen und Themen vertritt die DEGEMED gegenüber Politik, Leistungsträgern und Öffentlichkeit.

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